Outreach: das heisst, wir fahren mittags mit
dem GD- Matatu in den Slum, um vor Ort Patienten zu sehen, die man sonst nicht
erreicht. Wir, das muss erst ausgehandelt werden, denn 3 dürfen mit, 3 müssen
bleiben. Ich darf mit, obwohl ich die unerfahrenste Kollegin bin. Ansonsten
Übersetzerinnen, der Apotheker, und Rose, die Sozialarbeiterin mit ihrem
Healthworkerteam.
Tief im Slum Zustände, die ich so noch nicht
kenne, voller Leben, aber unvorstellbare Verhältnisse. Müll, Müll, Müll und darauf
Kinder, Ziegen, Hunde, Fußballteams, dazwischen kleine Feuer, auf denen
gebrutzelt und gekocht wird. Plastik ist der Fluch der Slums, unglaublich, was
da rumliegt und nicht verrottet. Einziger Trost, es stinkt nicht so wie
organische Abfälle, die es auch zur Genüge gibt.
Ankunft an einer dunklen Wellblechhütte, in
der wir uns provisorisch einrichten, internationale Plastikstühle in 3er
Gruppen für Arzt- Patient- Übersetzer, davor Holzbänke für die wartenden Mütter
mit ihren Kindern. Die Wartenden werden übrigens derweil mit Kondomen und deren
Gebrauchsanweisung versorgt. Rose nimmt kein Blatt vor den Mund, zum Amüsement
meiner Übersetzerin akzeptiert sie auch die Einwände der Frauen nicht, dass
ihre Männer zu hart für die Kondome wären! Aufpusten hilft, die mögliche Größe
zu demonstrieren! Leider kann ich das nicht verstehen.
Viele kranke, einige schwerkranke Kinder. Es
gilt, den Schnupfen von der Lungenentzündung zu unterscheiden, Kohoa - Husten haben sie alle, viele
Durchfall.
Ein kleines Mädchen (s.u.) picke ich für das Feeding heraus, die Mutter muss es aber
wenigstens am Montag bringen! Ein 11-jähriges Kind hat vollkommen zerstörte
Trommelfelle durch chronische Mittelohreiterung, das kommt mir alles aus dem
Gehörgang entgegen. Hoffentlich keinen Knochenbefall, das Gehör ist eh schon
hin.
Diese Mütter könnte ich schütteln, hier ist
nicht nur Armut, sondern auch Brutalität am Werk, vielleicht auch - Blödheit?
Es gibt die Healthcenter, in denen kostenlos behandelt wird, man muss aber
HINGEHEN! Das macht mich wütend.
Alle Kinder werden vor der Tür gewogen,
Temperatur gemessen, Puls und Atemfrequenz gezählt. Ganz kann ich mich auf die
Werte nicht verlassen, einige Male muss ich nachmessen, Kind ist deutlich
heisser als angegeben oder wirkt deutlich leichter als gemessen - Umgang mit
Zahlen will auch gelernt sein. Ich messe noch den MUAC, den Oberarmumfang, der
bis zum 5. Lj ziemlich konstant ist und deshalb ein Maß für den
Ernährungszustand.
Ein Baby von 4 Monaten hat eine Atemfrequenz
von 80/ min und Fieber- das reicht schon für die Diagnose einer Pneumonie, auch
wenn ich an der Lunge nichts hören kann. Antibiotika haben wir dabei, aber wird
das gegeben so wie verordnet? Geht die Mutter ins Krankenhaus, wenn das Kind
sich verschlechtert? Kommt sie am Montag mit dem Kind nach BARAKA?
Um 17.00 haben wir noch 36 Mütter mit Kindern
vor der Hütte stehen, um 18.00 müssen wir hier raus sein, denn es wird dunkel
und die Mitarbeiter müssen noch nach Hause kommen. Also Triage, nur die ganz
schlechten Kinder noch ansehen, den Rest für Montag einbestellen. Wir haben zu
spät angefangen, es ist ein Fass ohne Boden.
Zuhause dann wieder ERSTE Welt, gebratene
Hühnerbeine und Fritten, Taxi ins Theater und hinterher Bier und Smirnow rot
oder schwarz, um die Woche abzuschliessen. Das tue ich danach hiermit, und am
Wochenende ist Bergsteigen und Laufen, Lodge und Wildlife angesagt.
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